Die Vorteile von individuellem Pferdetraining für dich und dein Pferd

Veröffentlicht am 14. August 2024 um 15:24

Wozu braucht es überhaupt individuelle Ansätze im Pferdetraining? Inzwischen gibt es viele erfolgreiche Programme bei denen man einfach Stufe für Stufe und Level für Level absolviert. Pferde sind immer gleich, egal welche Fellfarbe sie haben, in welchem Stall sie stehen oder ob nun in Stadt A oder B, oder etwa nicht?

Pferd und Mensch blicken in die selbe Richtung

Die individuellen Bedürfnisse verstehen

Pferde haben, wie wir Menschen, einzigartige Persönlichkeiten, körperliche Fähigkeiten und Lernstile. Ein individueller Trainingsansatz ermöglicht ein tieferes Verständnis der spezifischen Bedürfnisse jedes Pferdes. Indem wir diese individuellen Unterschiede anerkennen und respektieren, können wir eine effektivere und harmonischere Trainingsumgebung schaffen.

Neben den physischen Eigenschaften berücksichtigt das individuelle Training auch die mentalen und emotionalen Aspekte der Pferde. Durch die Anerkennung ihrer individuellen Temperamente und Kommunikationsstile können wir eine stärkere Bindung zu den Tieren aufbauen. Dieser Ansatz fördert auch ein Gefühl des gegenseitigen Verständnisses und der Sicherheit.

Der Weg zum Erfolg: Individuelles Training erkennen

Als Pferdebesitzer und -trainer wird man oft mit vielen verschiedenen Trainingsmethoden konfrontiert. Dabei ist es häufig nicht wichtig speziellen Dogmen zu folgen ("Führe dein Pferd immer von links/ vorne/ hinten/...") sondern man muss erkennen lernen was dahinter steckt. Um bei meinem Führbeispiel zu bleiben: Wie fühlst du dich beim Führen in den verschiedenen Positionen? Wie viel Abstand wünschst du dir von deinem Pferd? Wie fühlt sich dein Pferd, wenn du dich an unterschiedliche Positionen begibst? Was versucht es dir mitzuteilen? Manchmal braucht man auch in unterschiedlichen Phasen der Ausbildung unterschiedliche Lösungen. Man kann beispielsweise bei einem Pferd mit mehr Abstand beim Führen starten und später, wenn sich beide damit wohler fühlen, die Distanz verkürzen. Bei einem sehr unsicheren Pferd ist es vielleicht genau umgekehrt.

 

Beispiel: Bedürfnis des Menschen

Nehmen wir einmal Melanie und ihr beim führen schnappendes Pferd Dom. Nach Lehrmeinung X müsste Melanie mit 2m Abstand auf der Höhe des Pferdehalses neben ihrem Pferd herlaufen. Versucht er zu schnappen soll sie seinen Kopf sanft an der Ganasche von sich weg schieben.

Vielleicht würde das bei einem selbstbewussten Menschen gut funktionieren. Wenn sich aber Melanie damit nicht wohl fühlt und unsicher wird KANN der Ansatz keinen Erfolg haben.

In diesem Fall muss man etwas anderes finden. Melanie fühlt sich vielleicht wohler, wenn sie rückwärts vor ihrem Pferd hergeht. So hat sie ihn immer genau im Blick und muss ihren Arm nicht einsetzen um seinen Kopf abzuwehren. Außerdem ist sie so von seiner Schulter und Hinterhand weit weg. Das sieht vielleicht albern aus, aber wenn sie sich damit besser fühlt und an selbstbewusstsein gewinnt so kann dies trotzdem ein guter Schritt auf dem Weg sein!

Beispiel: Bedürfnis des Pferdes

Nehmen wir nochmal Melanie und ihr beim führen schnappendes Pferd Dom. Melanie hat beigebracht bekommen, mit ihrer Schulter auf der Höhe von Doms Ohren zu laufen und den Strick dabei recht kurz zu halten.

Dom fühlt sich von dieser Position evtl. eingeengt (durch Melanies Körper wird ein großer Teil seines Sichtfeldes blockiert!) und schnappt, um Melanie um mehr Raum zu "Bitten". Dom fühlt sich vielleicht wohler, wenn Melanie 1m Abstand zu ihn halten würde und dabei den Strick etwas länger lässt, so dass er seinen Kopf noch bewegen und sich umsehen kann.

Haben wir wirklich alle die selben Voraussetzungen?

Macht es einen Unterschied ob mein Pferd nun in Nürnberg oder Erlangen steht? Im Offenstall oder halbtags in der Box? Ob es 10kg Heu bekommt oder 20? Ich denke ja! In Nürnberg oder München steht es vielleicht in der Nähe einer Autobahn oder des Flughafens. Das könnte körperliche Beeinträchtigungen hervorrufen (zB durch das Ausgesetzt sein von Giftstoffen und Lärm) oder auch psychische (evtl kann das Pferd manchmal nicht schlafen wenn viel los ist/ ein ungewöhnliches Ereignis passierte). Auch die haltung kann körperliche und psychische auswirkungen auf unser Pferd haben und auch hier braucht jedes Pferd etwas anderes. Während ein Pferd im Aktivstall glücklich ist hat ein anderes vielleicht nicht genug Ruhe zum Fressen oder schlafen. Wärend ein Pferd möglichst viel Heu braucht bekommt ein anderes dabei eine Rehe.

Individuell bedeutet auch auf die Tagesform einzugehen

Was bedeutet das für unser Training? Wir sollten auf die feinen Signale unseres Pferdes achten und jeden Tag aufs neue bereit sein unsere Ziele dem Pferd gegenüber hinten anzustellen. Oft wissen wir nicht warum etwas bestimmtes an einem Tag klappt, am nächsten aber nicht. Oder warum unser Pferd heute schlechte Laune hat. Wie in einer menschlichen Beziehung auch finde ich es wichtig das seinem Partner nicht vorzuhalten, sondern gemeinsam das zu tun, was für diesen Tag möglich ist und beiden Freude bereitet!

 

Fazit

Individuelles Pferdetraining ist kein vorübergehender Trend, sondern ein grundlegender Aspekt effektiver und vertrauensvoller Arbeit mit Pferden. Indem wir die Individualität jedes Pferdes anerkennen und wertschätzen, können wir das Trainingserlebnis verbessern und die Bindung zwischen uns und unseren Pferden stärken.